Merkle: Wer ist Roger Wüthrich-Hasenböhler? Bitte stellen Sie sich doch kurz vor.
Roger Wüthrich-Hasenböhler: Aufgewachsen bin ich im Herzen der Ostschweiz in St.Gallen und spreche daher auch den original und in der übrigen Schweiz unverkennbaren Stadt St.Galler Dialekt. Mit der Lehre als Fernmelde- und Apparatemonteur bei der damaligen Kreistelephone Direktion St. Gallen konnte ich mir eine solide Grundlage in Feinmechanik und Elektronik aneignen. Bereits in der Lehre hatte ich die Möglichkeit, erste Programme in Basic auf PDP11 Rechner zu programmieren, was damals etwas vom geilsten war, was im Angebot stand. Mein Weg führte mich anschliessend ans Technikum in Rapperswil, wo ich die Ausbildung zum Ingenieur mit Schwerpunkt Computertechnik und Hochspannungstechnik abschloss. Mein erster Job führte mich zurück zur Telecom PTT, wo ich mich primär mit der Digitalisierung von Telefonzentralen beschäftigte. In der Folge konnte ich mich in verschiedenen Positionen aktiv einbringen bei der Liberalisierung und dem Aufbau von neuen Geschäftsfeldern. Im Jahr 2000 bekam ich die Gelegenheit, bei der neugegründeten Swisscom Mobile AG das Geschäftskundensegment aufzubauen, was eine äusserst spannende und lehrreiche Aufgabe war. Mit dem Aufkommen der Konvergenz und dem damit zusammenhängenden Übergang von der Sparten- zu einer Kundensegmentsorganisation konnte ich als Leiter Marketing und Sales die gesamten Verkaufsaktivitäten der Swisscom im Geschäftskundensegment übernehmen. Ab 2010 wurde mir das KMU Kundensegment mit Einsitz in der Konzernleitung von Swisscom übertragen und per 2016 übernahm ich die neue Funktion des Chief Digital Officer von Swisscom.
Merkle: Damit wir Sie nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verraten Sie uns doch auch eine persönliche Leidenschaft von Ihnen.
Roger Wüthrich-Hasenböhler: Als Ausgleich zu meiner Arbeit treibe ich gerne Sport, insbesondere Velofahren, Ski(touren)fahren und Fussball. Als mehrfacher Teilnehmer am Gigathlon, als Finisher der Tortour und Patrouille de Glaciers hole ich mir die nötige Trainingsmotivation, welche aber auch genügend Zeit lässt den Kopf zu lüften und neue Ideen zu generieren. Diese Kombination schätze ich sehr zwischen Meditation, körperlicher Anstrengung und Durchhaltewillen.
Merkle: Die Digitalisierung bietet vielfältige Möglichkeiten, birgt auch einige Stolpersteine. Was ist aus Ihrer Sicht für die Swisscom die grösste Herausforderung in der digitalen Transformation und warum?
Roger Wüthrich-Hasenböhler: Die Swisscom hat wie jede andere Unternehmung oder Branche die gleiche Herausforderung. Der digitale Tsunami erfasst alle Branchen früher oder später und verändert das Geschäftsumfeld in einer dramatischen Art und Weise. Beispiele wie die Medien- oder Retailbranche zeigen eindrücklich, wie rasch sich das Umfeld verändert.
Für Swisscom heisst das eine Art duale Transformation im Sinne, dass man das Kerngeschäft äusserst effizient und mit einer hohen Kundenzufriedenheit führt und auf der anderen Seite neuen Mehrwert für die Kunden zu generieren, welche die Kundenbedürfnisse der Zukunft adressieren und den Umsatzverlust im Kerngeschäft überkompensieren können. Diese Mehrwerte basieren auf der Infrastruktur und der Kombination von eigenen und externen Kompetenzen auf der Basis von Ecosystemen. Neben den grossen Chancen, welche die Digitalisierung mit neuen Technologien, wie zum Beispiel Blockchain, Artifical Intelligence, Robots/Drones, Virtual/Augmented Reality und 3D Printing bietet, lauern auch ernstzunehmende Risiken, wie die Globalisierung oder die «the winner takes it all» Thematik im Infrastruktur- und App Bereich kombiniert mit Disruption durch neue Businessmodelle. Zusätzlich kommt dazu, dass die generelle Dynamik eine neue flexible und offene Kultur erfordert, welche agil und flexibel auf die Veränderungen reagieren kann, da heute niemand weiss, wie sich die Welt in 10 Jahren entwickeln wird. Denken wir nur daran, was das iPhone3 im Jahr 2008 für eine Revolution ausgelöst hat. Eine Welt ohne Smartphone ist heute undenkbar geworden.
Merkle: Der Smart Business Day stellt die Kundenperspektive in den Fokus der digitalen Transformation. Welche Massnahmen ergreift die Swisscom, um das Kundenbedürfnis nicht aus den Augen zu verlieren?
Roger Wüthrich-Hasenböhler: Wie schon erwähnt, ist Kundenperspektive auch ein nicht zu unterschätzendes Kulturthema einer Unternehmung und entsprechend das Kundenbedürfnis ein zentrales Element. Wir haben bereits in den 00 Jahren den Aufbau der Kultur der Kundenorientierung in der Unternehmung gestartet. Wir waren und sind heute noch überzeugt, dass Kundenorientierung eine Differenzierung gegenüber den Mitbewerbern ist.
Gestartet sind wir in unseren Verkaufspunkten und Customer Care Centern und haben die Kundenorientierung konsequent mit der Human Centric Design Methodology in die Bereiche der Service- und Produktentwicklung hineingetragen. Im Zentrum steht nicht eine Produkt- oder Serviceentwicklung, sondern die Gestaltung eines Kundenerlebnis. Die Kundenerlebniskette wird transversal von der Vermarktung, Design, Bestellung, Installation, Bedienung, Service bis zur Vertragserneuerung oder Kündigung auf der Basis eines optimalen Kundenerlebnis über die verschiedenen Bereiche gemeinsam und parallel gestaltet. Bis eine solche Methode in einer Unternehmung gelebt wird, braucht es Jahre und ein starkes Commitment des Top Managements. Beispiele wie sich heute Swisscom TV präsentiert, wie sich die neue Internet Box installiert oder wie das Kundenerlebnis im Swisscom Shop gestaltet wird, zeigen eindrücklich diese Anstrengungen das Kundenbedürfnis in den Mittelpunkt zu stellen.
Merkle: Beschreiben Sie abschliessend in drei Worten: was dürfen wir von Ihrem Vortrag beim Smart Business Day erwarten?
Roger Wüthrich-Hasenböhler: Denkanstoss – Inspiration– Schlechtes Gewissen